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Dienstag, 12. Februar 2013

Wem gehört Zürich?


Züri isch ois

Der Zürcher Bürkliplatz ist eine Baustelle. Er soll gemäss der Zürcher Eigenwerbung zum schönsten Platz der Schweiz aufgebrezelt werden. "Züri isch  ois", (Zürich gehört uns) mit Ausrufezeichen, haben Sponties auf den gelben Baucontainer der Firma WALO gesprayt. Was hat Walo Bertschinger mit dem gesprayten Schriftzug zu tun? Wenig. Die mehr als einhundert Jahre alte Baufirma werkelt am Bürkliplatz, mehr nicht. 

WALO, wie der Baukonzern kurz heisst, baut aus Leidenschaft; mit der gleichen Leidenschaft, mit der die Deutsche Bank geschäftet ("Leistung aus Leidenschaft"). 

WALO kann alles: Strassenbau, Tiefbau, Spezialtiefbau, Hochbau, Damm- und Deponiebau, Gussasphalt, Lärmschutz, Industrieböden und Decorbeläge, Untertagbau, Gleisbau / Bahntechnik, Betonsanierung, Sportbeläge, TU-Infrastruktur und Wasserbau, alle Varianten von Asphalt- und Betonbelägen für den Strassenbau, Asphaltabdichtungen für Staubecken und Deponien, Industrieböden und Decorbeläge, sowie Böden für Sportanlagen im Aussen- und Innenbereich. 

„WALO kann auch Bürkliplatz“. Wäre ja gelacht. Der Baukonzern zählt rund zweieinhalb Tausend Mitarbeiter und wies im Geschäftsjahr 2011 einen Konzernumsatz von 757 Mio. Franken aus. Das einstige Familienunternehmen verlegte schon die ersten Tramschienen an der Bahnhofstrasse. WALO ist also ein  ganz gewöhnlicher Baukonzern. 

Warum  „Züri isch ois“? Wann immer in Zürich öffentlich "umgeackert" wird, stellt sich diese Frage. Wem gehört eigentlich Zürich? Wie reich ist Zürich? Wer nimmt Zürich in Beschlag? Wer baut Zürich um? Wem gehört der Bürkliplatz? Der Züri-See? Den Schwimmern oder den Kursschiffen? Wer muss wem ausweichen? Die Kursschiffe den Schwimmern oder die Schwimmer den Kursschiffen? Die Frage ist beantwortet. In Zürich gilt das Gesetz des Starken. Wozu ist der See eigentlich da? Für die Menschen oder für die Schiffe? Tiefschürfende Fragen, die in Zürich Antworten gefunden haben. 

„Züri isch ois“. Zürich ist reich. Weil die Schweiz zu den reichsten Ländern der Welt gehört, ist Greater Zurich vielleicht der reichste Ort des Landes. Wer es ungefähr wisssen will: Von den 300 reichsten Individuen mit Wohnsitz in der Schweiz leben die meisten in Zürich, gefolgt von Genf und der Waadt. Auf den hinteren Rängen: Bern, Schwyz, Zug und Tessin. Achtung. Die Verhältnisse ändern sich rasch; so rasch, wie  aus einem verabschiedeten Doppelbesteuerungsabkommen  Makulatur wird.

Superreiche bevorzugen spektakuläre Lagen; dazu gehören die Ufer der grossen Schweizer Seen. Wer ist reich? Der Basler Professor Ueli Mäder hat die Frage für uns beantwortet. Reich sei, wer vom Ertrag seines Geldes gut leben könne, schreibt Mäder. Dazu braucht es halt ein paar Millionen. Es gibt im Land rund 220 000 Personen, die ein Vermögen von mindestens einer Million Franken haben. 4000 Einwohner sollen ein Jahreseinkommen von mehr als einer Million Schweizer Franken haben. 

Professor Mäder hat recherchiert: Die Schweiz weist nach Singapur und Hongkong die höchste Millionärsdichte der Welt auf. Es liegt nahe, dass viele dieser Milliardäre in Greater Zurich leben und sich einst über den neuen Bürkliplatz freuen werden. Schon jetzt soll jeder zehnte Milliardär dieser Welt in der Schweiz und damit in Greater Zurich leben. Auch nach den Erschütterungen der Finanzkrise  soll sich das Vermögen der 100 Reichsten im Land von 66 Milliarden Franken auf 358 Milliarden vergrössert haben, glaubt die Zeitschrift Bilanz zu wissen. 

"Isch Züri ois“? In der Schweiz besitzen 3 Prozent der privaten Steuerpflichtigen so viel Vermögen wie die restlichen 97 Prozent. Die Vermögensschere ist nur in Namibia und Singapur grösser. Aber "Züri isch ois".

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