Züri isch ois
Der Zürcher Bürkliplatz ist eine Baustelle. Er soll gemäss der Zürcher Eigenwerbung zum schönsten Platz der Schweiz aufgebrezelt werden. "Züri isch ois", (Zürich gehört uns) mit Ausrufezeichen, haben Sponties auf den gelben Baucontainer der Firma WALO gesprayt. Was hat Walo Bertschinger mit dem gesprayten Schriftzug zu tun? Wenig. Die mehr als einhundert Jahre alte Baufirma werkelt am Bürkliplatz, mehr nicht.
WALO, wie
der Baukonzern kurz heisst, baut aus Leidenschaft; mit der gleichen
Leidenschaft, mit der die Deutsche Bank geschäftet ("Leistung aus Leidenschaft").
WALO kann alles: Strassenbau, Tiefbau, Spezialtiefbau, Hochbau, Damm- und
Deponiebau, Gussasphalt, Lärmschutz, Industrieböden und Decorbeläge,
Untertagbau, Gleisbau / Bahntechnik, Betonsanierung, Sportbeläge,
TU-Infrastruktur und Wasserbau, alle Varianten von Asphalt- und Betonbelägen
für den Strassenbau, Asphaltabdichtungen für Staubecken und Deponien,
Industrieböden und Decorbeläge, sowie Böden für Sportanlagen im Aussen- und
Innenbereich.
„WALO kann auch Bürkliplatz“. Wäre ja gelacht. Der Baukonzern
zählt rund zweieinhalb Tausend Mitarbeiter und wies im Geschäftsjahr 2011 einen
Konzernumsatz von 757 Mio. Franken aus. Das einstige Familienunternehmen verlegte schon die ersten
Tramschienen an der Bahnhofstrasse. WALO ist also ein ganz gewöhnlicher Baukonzern.
Warum „Züri isch ois“? Wann immer in Zürich öffentlich "umgeackert" wird,
stellt sich diese Frage. Wem gehört eigentlich Zürich? Wie reich ist Zürich? Wer
nimmt Zürich in Beschlag? Wer baut Zürich um? Wem gehört der Bürkliplatz? Der
Züri-See? Den Schwimmern oder den Kursschiffen? Wer muss wem ausweichen? Die
Kursschiffe den Schwimmern oder die Schwimmer den Kursschiffen? Die Frage ist beantwortet. In Zürich gilt das Gesetz des Starken. Wozu ist der
See eigentlich da? Für die Menschen oder für die Schiffe? Tiefschürfende
Fragen, die in Zürich Antworten gefunden haben.
„Züri isch ois“. Zürich ist reich. Weil die Schweiz zu den reichsten
Ländern der Welt gehört, ist Greater Zurich vielleicht der reichste Ort des
Landes. Wer es ungefähr wisssen will: Von den 300 reichsten Individuen mit Wohnsitz
in der Schweiz leben die meisten in Zürich, gefolgt von Genf und der Waadt. Auf
den hinteren Rängen: Bern, Schwyz, Zug und Tessin. Achtung. Die Verhältnisse
ändern sich rasch; so rasch, wie aus einem verabschiedeten Doppelbesteuerungsabkommen Makulatur wird.
Superreiche
bevorzugen spektakuläre Lagen; dazu gehören die Ufer der grossen Schweizer
Seen. Wer ist reich? Der Basler Professor Ueli Mäder hat die Frage für uns
beantwortet. Reich sei, wer vom Ertrag seines Geldes gut leben könne, schreibt
Mäder. Dazu braucht es halt ein paar Millionen. Es gibt im Land rund 220 000
Personen, die ein Vermögen von mindestens einer Million Franken haben. 4000
Einwohner sollen ein Jahreseinkommen von mehr als einer Million Schweizer Franken
haben.
Professor Mäder hat recherchiert: Die Schweiz weist nach Singapur und
Hongkong die höchste Millionärsdichte der Welt auf. Es liegt nahe, dass viele
dieser Milliardäre in Greater Zurich leben und sich einst über den neuen
Bürkliplatz freuen werden. Schon jetzt soll jeder zehnte Milliardär dieser Welt
in der Schweiz und damit in Greater Zurich leben. Auch nach den Erschütterungen der Finanzkrise soll
sich das Vermögen der 100 Reichsten im Land von 66
Milliarden Franken auf 358 Milliarden vergrössert haben, glaubt die Zeitschrift
Bilanz zu wissen.
"Isch Züri ois“? In der Schweiz besitzen 3 Prozent der
privaten Steuerpflichtigen so viel Vermögen wie die restlichen 97 Prozent. Die
Vermögensschere ist nur in Namibia und Singapur grösser. Aber "Züri isch ois".
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